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Bild des Monats Januar 2014:
Mediale All-Präsenz

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In einer seltsamen, vom Saturn überragten Felsenlandschaft taucht urplötzlich eine fremde Lebensform empor und fesselt den Blick. Die Welt, die sich zeigt, ist belebt. Mehr noch, sie schaut zurück. Erst durch dieses Zurückschauen verwandelt sich das Bild in eine Erzählung: in die Geschichte eines Mediums – des sogenannten Crystal Egg.
Das «Crystal Egg» funktioniert wie eine interstellare Kameravorrichtung: Dreht man den Kristall hin und her, so kann man aus unterschiedlichen Blickwinkeln den Planeten Mars beobachten. Dort muss sich offenbar eine Linse befinden, die unmittelbar auf die Bewegungen des terrestrischen Glases reagiert. Das Auge des Ausserirdischen wiederum enthüllt uns die Doppelfunktion des Kristalls als Decodierungs- und Codierungsmedium: Das beobachtende Subjekt ist zugleich Objekt der Beobachtung selbst.
Berücksichtigt man darüber hinaus den Wahrnehmungsprozess der Beobachter, so entsteht in dieser Szene eine mediale Interferenz. Das Perzeptionsmedium (das Auge des Betrachters oder der Blick der Kamera) verschluckt den Kristall zusammen mit seinem Inhalt, dem Blick auf den Mars. Eine gleiche mediale Überlagerung findet auf dem Mars statt, indem das schwarze Auge des Extraterrestriers mit dem eigenen Perzeptionsapparat verschmilzt .
Der aus der Science Fiction-Serie Tales of Tomorrow gezeigte Ausschnitt stellt eine recht freie Adaption von H.G. Wells’ Kurzgeschichte The Crystal Egg dar. Verfolgen wir diesen literarischen Kontext, so erweitert sich der mediologische Fragehorizont um eine neue Ebene. Bei Wells wird der menschliche Beobachter nämlich auf eine Reihe von Masten im Hintergrund der Marslandschaft aufmerksam; Masten, an denen wiederum funkelnde Objekte aufgehängt sind, bei denen es sich offensichtlich um Duplikate des Kristalleis handelt. Die Schlussfolgerung, die der Text daraus zieht, ist beunruhigend: Vermutlich ist die marsianische Kamera nur eine von abertausenden. Woraus folgt, dass all die anderen Eier auch ihre Zwillinge besitzen, die irgendwo im All – oder vielleicht ganz gezielt auf der Erde – verstreut wurden. Die «Crystal Eggs» stünden somit für eine mediale Omnipräsenz der Marsianer im Universum. Der Kristall wäre dann nicht nur ein Objekt der Erzählung, sondern widerspiegelt selbst die literarische Medialität. Er wird wie die Literatur als Medium der poetisch-mehrdeutigen Zeichen inszeniert, durch welche sich die Erzählung strukturiert. Es gelingt ihm, unseren imaginären Blick ins Weltall zu versetzen.
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Mateusz Cwik